Beispiel aus der Praxis – Raiffeisen

Praxisbeispiel Raiffeisenbank Surselva

Gespräch mit Gabriel Casutt

Herr Casutt, was ist Ihre Motivation als Arbeitgeber, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen in Ihr Team zu integrieren?

Es ist mir persönlich ein grosses Anliegen, Chancen zu eröffnen – insbesondere für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder mit anderen schwierigen Voraussetzungen. Ich bin überzeugt, dass jede Person Wertschätzung verdient. Dass jede Person daran wächst, wenn sie weiss, dass sie gebraucht wird. Hier bei der Raiffeisen Ilanz haben wir bereits vier Personen eine solche Chance geben können.

Worauf muss ein Arbeitgeber achten, damit die Integration funktioniert?

Es braucht im Unternehmen zunächst eine Person, die überzeugt ist, dass Mitarbeitende mit gesundheitlichen Einschränkungen einen Mehrwert bringen. Sie muss hartnäckig sein und das Umfeld überzeugen, denn die Akzeptanz ist der Schlüsselfaktor dafür, dass eine Integration funktioniert.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Vermittlung über reWork Job?

Ich bin zufrieden, das funktioniert gut. Als wir Frau Blumenthal einstellten, hatten wir zum Ziel, eine administrative Stelle zu besetzen. Dafür haben wir als Grundvoraussetzung im Stellenprofil PC-Kenntnisse definiert. Die Vermittlung ist nach ca. zwei Wochen zustande gekommen. Beim Arbeitsversuch zeigt sich dann konkret, wie das Einsatzgebiet der Mitarbeitenden genau definiert werden kann.

Zuerst fragten wir uns natürlich, was für diese Person möglich ist. Doch meine Erfahrung zeigt, dass sich bald ein grosser Blumenstrauss an Fähigkeiten öffnet, wenn wir uns nicht auf Möglichkeiten fokussieren, sondern darauf, was die Person kann – und das ist mehr, als wir denken.

Wie erleben Sie die Unterstützung durch die IV (Invalidenversicherung)?

Ich erlebe die IV als kooperativen Partner. Einerseits sind finanzielle Unterstützung durch Taggelder wichtig, da die Einarbeitung mehr Zeit in Anspruch nimmt. Andererseits ist die Begleitung der Arbeitnehmenden oder des Arbeitgebers durch eine Fachperson, sofern notwendig, sehr wertvoll. Ich habe so neue Lösungsansätze für schwierige Situationen kennengelernt.

Welche Veränderungen entstehen im Unternehmen durch die Integration?

Es ist ein Prozess, der für das Unternehmen von grosser Bedeutung ist. Es gilt, Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen. Man muss sich kritisch fragen, ob das Team angemessen mit Teammitgliedern mit gesundheitlichen Einschränkungen umgehen kann und Prozesse ggf. anpassen. Also, wie gehen wir beispielsweise damit um, dass jemand langsamer lernt, mehr Fragen stellt, mehr Fehler passieren etc.

Worin liegt der Mehrwert für das Unternehmen?

Ich habe beobachtet, dass die Einstellung des gesamten Teams zu Selbstwahrnehmung, Gesundheit und individuellen Möglichkeiten sich verändert. Ich bin überzeugt und sehe, dass die soziale Kompetenz im Team wächst. Nicht zuletzt steigt der Stolz, Teil eines Unternehmens zu sein, das sich sozial engagiert und Inklusion lebt. Auch davon profitiert das Unternehmen.

Welchen Rat geben Sie anderen Unternehmen, die eine Anstellung mit reWork Job in Erwägung ziehen?

Ich kann es nur empfehlen! Natürlich ist die Anstellung einer Person mit gesundheitlichen Einschränkungen nicht risikofrei. Sie fordert Entschlossenheit und die Bereitschaft zu offenen Gesprächen der Verantwortlichen. Es ist wichtig, dass man seine Ziele kennt und wenn nötig Konsequenzen zieht. Das allerdings gilt für alle Mitarbeitenden, auch für jene ohne gesundheitliche Einschränkungen.

 

Die Integration einer Mitarbeitenden oder eines Mitarbeitenden mit gesundheitlichen Einschränkungen pro zehn Mitarbeitenden ist für jedes Unternehmen realisierbar. Unsere Erfahrungen sind positiv und zeigen, dass alle davon profitieren – das Unternehmen, das Team und vor allem die Menschen, die durch ihren Job Wertschätzung erhalten.

Interview wurde am 05.09.2023 aufgezeichnet.

Gabriel Casutt und Angela Carina Blumenthal von der Raiffeisenbank Surselva

Gespräch mit Angela Carina Blumenthal

Frau Blumenthal, Sie arbeiten seit eineinhalb Jahren bei der Raiffeisenbank Surselva. Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Ich komme aus dem administrativen Bereich und bringe eine kaufmännische Lehre mit. An meinem letzten Arbeitsort fehlten mir der Kontakt und der Austausch mit anderen Mitarbeitenden oder Kunden. Mit Unterstützung eines Job-Coaches der IV habe ich einen Neuanfang gewagt. reWork Job hat den Kontakt zur Raiffeisenbank Surselva vermittelt.

Bei der Einarbeitung sind Sie von einer Eingliederungsfachperson der IV begleitet worden. War diese Begleitung für Sie wichtig?

Ja. Ich habe die Begleitung sehr geschätzt. Es war für mich wichtig, eine Person zu haben, an die ich mich mit allen Fragen wenden konnte. Beispielsweise: Wie soll ich reagieren bei Differenzen mit anderen Mitarbeitenden oder vorgehen, wenn das Arbeitstempo zu hoch ist etc. Heute komme ich gut alleine zurecht. Ich habe meinen Platz gefunden, Routine gewonnen und fühle mich sicher.

Worauf sollten Arbeitgeber und Vorgesetzte achten?

Jeder Mensch ist wertvoll. Deshalb ist es für mich entscheidend, dass mir Vorgesetzte, aber auch Arbeitskolleg:innen auf Augenhöhe begegnen. Ich möchte, dass man mir ganz normal begegnet und mir entsprechend gleichen Respekt wie allen anderen entgegenbringt. Das ermöglicht eine Kommunikation, die zu guten Lösungen führt. Das schätze ich übrigens bei der Raiffeisen Surselva sehr. Auch sind wertschätzende Feedbacks wichtig – Lob oder konstruktive Kritik. Das gibt mir Sicherheit, dass ich es richtig mache.

Interview wurde am 14.09.2023 aufgezeichnet.